Dienstag, 28. Februar 2012

2 Vorschläge (Heimweh)

New York ist allem Anschein nach die hässlichste Stadt der Welt. (Der Time Square ist der vielleicht hässlichste Punkt dieser hässlichen Stadt, aber sicher hat sie auch noch eine große Menge andere grauenvolle Stellen zu bieten.) Ich war noch nie irgendwo, wo es nicht von selbst schön ist und niemand Geld hat, um es schön zu machen. Armut sieht da, wo Menschen sind, sicher auch nicht schön aus. Ich weiß nicht, ob diese Orte vielleicht noch hässlicher sind als New York. Ich weiß nicht, ob das möglich ist, und ich will niemandem zu nahe treten, der sich vielleicht freuen würde, wenn er anstatt in Ich-weiß-nicht-wo in New York leben könnte. Ich sage nur, dass ich mir das unmöglich vorstellen kann. Und ich weiß, dass ich nicht verstehe, wie es irgendwo so hässlich sein kann, wenn es keinen zwingenden Grund wie zum Beispiel Armut dafür gibt. Wo man einfach mit dem Geld, was da war, nur alles ganz anders hätte machen müssen.

Ich habe aber einen Vorschlag, was man dagegen tun könnte. Man könnte New York zum Beispiel einfach auflösen und stattdessen ein paar Bäume oder Blumen hinpflanzen oder viel Wasser drüberschütten, so dass es Teil des Ozeans wird (denn der ist sehr schön und kann eigentlich gar nicht groß genug sein) oder ein Wald oder eine schöne Blumenwiese (Tulpen?). Die Leute, die bisher in New York gewohnt haben, werden einfach auf die schönen Städte in der Welt verteilt. Ich kenne nicht so viele Städte, aber doch ein paar, die wirklich ziemlich in Ordnung sind. Die Leute könnten dann auch die neuen, viel schöneren Sprachen lernen, die in den schönen Städten auf der Welt gesprochen werden.
Wenn der Platz in den schönen Städten für die Leute nicht reicht, was ich mir kaum vorstellen kann, immerhin haben sie bisher in New York gelebt und da hatten sie ja auch nicht gerade viel davon, könnte man New York auch einfach abreißen und stattdessen eine schöne Stadt hinbauen, irgendwas wie Rom oder Paris oder so. Nicht exakt wie Rom oder Paris natürlich, das wäre gruselig, aber man könnte sich von Rom und Paris inspirieren lassen. Ich könnte mir vorstellen, dass es sogenannte kreative Köpfe gibt, die so etwas gut können, vielleicht findet sich sogar in New York jemand, da bin ich mir aber nicht sicher. Sicherer wäre es bestimmt, einen zu finden, der in einer schönen Stadt lebt und sich das Lebensgefühl in schönen Städten besser vorstellen kann.
Auf die freigewordene Fläche, wenn New York erstmal weg ist, würden wahrscheinlich sogar eine ganze Menge schöne Städte passen. Wenn man auch die Achterbahnen und Hochhäuser am Strand abreißt, was ganz sicher eine gute Idee wäre, dann lägen die schönen Städte auch noch am Meer – was für ein Luxus wäre das.

Vermutlich wird in diesen Punkten niemand auf mich hören, und das verstehe ich wirklich nicht, denn ich hab oft gute Ideen und das hier ist eine davon. Aber ich weiß ja, dass die meisten Leute sich gar nicht so für gute Ideen interessieren. Was ich jetzt auch ein für allemal weiß, ist was für hässliche Stellen die Welt zu bieten hat. Ich finde Wissen als Selbstzweck nicht so wertvoll, dass ich nicht sagen könnte, dass ich diese Erfahrung lieber nicht gemacht hätte. Leider, da niemand auf mich hören wird, werde ich mit diesem Wissen jetzt leben müssen. Und wahrscheinlich wird dieses ungute Wissen von hässlichen Orten im Laufe meines Lebens sogar noch anwachsen. (Wissen von schönen Orten kommt sicher auch noch dazu, aber schöne Orte kann ich mir gut auch selbst ausmalen, die muss ich nicht so dringend sehen. Dafür habe ich meine Phantasie, die ich natürlich nicht freiwillig benutze, um mir etwas wie New York vorzustellen.)

Insgesamt kann man feststellen, dass im Laufe meines Lebens immer mehr Orte dazukommen werden, an denen ich gewesen sein werde. Egal, was ich mache, es werden mehr oder bleiben gleich viel, aber auf keinen Fall werden es weniger und wahrscheinlich werden es mehr, denn man muss ja immer irgendwo hin, um irgendwen zu besuchen zum Beispiel. Und selbst, wenn man keinen besuchen, sondern immer nur am selben Fleck bleiben würde, bliebe die Struktur die gleiche, dass wenn man wo hinfahren würde (selbst wenn man es nicht tut), damit klarkommen müsste, dass man dagewesen ist. Und deswegen ist es im Grunde genommen immer sicherer nichts zu machen, weil man danach mit dem Wissen, das sich daraus ergibt, klarkommen muss. Ist das nicht eigentlich traurig? Für Leute wie mich, die sowieso schon ängstlich sind und nicht besonders unternehmungslustig, ist dieses Risiko bestimmt eine zusätzliche Hemmschwelle.

Daher hier mein Alternativvorschlag: Wäre es nicht schön, wenn es möglich wäre, im Alter an weniger Orten gewesen zu sein als früher, als man klein war? Wenn im Laufe des Lebens alles immer leichter werden würde, weil die Orte, an denen man gewesen ist, immer weniger werden würden? Unter narrativen Gesichtspunkten wäre es dann viel wahrscheinlicher, dass das Leben eine Spannungskurve hat, die nach hinten ansteigt, und ich glaube, dass man das will. Man will doch, dass alles immer besser wird und nicht immer schlechter. Man würde immer mehr machen und unternehmen und Unternehmungslust würde sogar noch belohnt werden. Wer gern verreist, müsste nicht das Risiko eingehen, was hässliches zu sehen, das er danach nicht mehr los wird. Alles würde immer ein kleines Stücken leichter werden, bis man sich irgendwann im Alter ganz befreit von allem fühlen würde. Man müsste gar nicht so viel dafür tun - so, wie im Moment das ganze Wissen und die Erfahrungen, um die man nicht gebeten hat, ganz von selbst kommen, würde die Erleichterung auch ganz von selbst kommen. Aber ähnlich wie jetzt die Erfahrungen könnte man die Erleichterung noch ein bisschen fördern, indem man extra viel unternimmt.
Wenn New York bleiben soll, muss man, spätestens jetzt, irgendwas Grundsätzliches daran ändern, wie Zeit funktioniert. Die Zeit müsste eben einfach ein bisschen mehr andersherum ablaufen. Oder Menschen, also persistierende, in der Zeit existierende Menschen müssten anders beschaffen sein – so, dass man für jede Anstrengung, die man unternimmt, um irgendwohin zu reisen, damit belohnt wird, dass man an einem Ort weniger gewesen ist und einen Ort weniger kennt.

Also das sind jetzt, zusammengefasst, meine zwei Vorschläge: Entweder New York abschaffen beziehungsweise allen Menschen, die da wohnen, einen Umzug ermöglichen, dann wird New York wahrscheinlich von selbst wieder zu einem okayen Ort. Oder aber wenigstens was daran ändern, dass ich es gesehen habe, indem sich jemand darum kümmert, dass die Zeit ab jetzt irgendwie andersrum abläuft (wie andersrum genau, das müsste man mal einen von diesen klugen Köpfen fragen). Ich fänds wirklich schön, wenn das jetzt bald jemand in die Hand nehmen könnte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen